„Exempla 2023“
Sonderschau der Internationalen Handwerksmesse in München

Bootswerft Heistracher Chiemseeplätte

„Exempla 2023 – Bootsbau“

Blick in die Exempla 1970

Deutschland ist ein Land voller Flüsse, Seen und mit Küstenlandschaften an Nord- und Ostsee. Die Geschichte und Topographie haben dazu geführt, dass die Wasserstraßen und Küstengebiete zu wichtigen Verkehrsrouten und Transportwegen wurden. Boote und Schiffe spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Konstruktion und der Bau von Schiffen und Schiffsanlagen haben eine lange Geschichte und wurden zu einer bedeutenden Grundlage der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund ist zu sehen, dass in Deutschland noch heute das Handwerk des Bootsbauers gepflegt, ausgebildet und weitertradiert wird. Die Meisterprüfung ist nach wie vor für den Bootsbauer Pflicht um sich selbständig zu machen. Die relevanten Betriebe erstrecken sich dabei von den Nord- und Ostseeküsten über ganz Deutschland bis hin in die südliche Voralpenregion mit den klassischen Revieren für ein schiffs- und bootsbegeistertes Publikum an den bayerischen Seen, wie dem Chiemsee, dem Tegernsee, dem Starnberger See und dem Ammersee. In diesen Regionen sind in Bayern auch traditionell die handwerklichen Bootsbaubetriebe anzutreffen.

Die „Exempla 2023“ widmet sich dem Handwerk des Boots- und Schiffsbauers. Dieser Handwerksberuf übt auch heute noch eine große Faszination auf junge Menschen aus. Schiffe sind ein durch und durch positiv besetztes Symbol. Sie dienen in weiten Bereichen dem Sport und dem Freizeitvergnügen, bestechen durch ihre oft elegante Gestaltung und die hochwertigen Materialien.

In den vergangenen Jahren hat unter anderem auch durch die Corona Pandemie das Segeln und die Benutzung von Booten auf Binnengewässern einen regelrechten Boom erlebt. Wir sehen als Organisatoren der Exempla darin auch ein Zeichen für die hohe Aktualität für diesen Handwerksberuf. Der Bau von Elektrobooten zum Beispiel ist in den vergangenen Jahren in ungeahnte Höhen geschnellt, der die Bootsbauer fast an die Grenzen ihrer Kapazitäten gebracht hat. Hier sind u.a. neue sicherheitstechnische Fertigkeiten gefragt, die nur über eine fachgerechte Ausbildung vermittelt werden können. Ähnlich wie beim Automobil sind aber auch im Bootsbau historische Schiffe oder Oldtimerschiffe sehr gefragt. Regelmäßig gewartete und renovierte Boote können über 100 Jahre alt werden. Das beweisen die zahllosen traumhaft gepflegten Klassiker auf vielen Seen und Weltmeeren. In diesem Zusammenhang wird die Reparatur oder Restaurierung älterer, wertvoller Schiffsmodelle von immer größerer Bedeutung für das Handwerk der Bootsbauer. Damit tragen sie auch zum Erhalt einer kulturellen Ausdrucksform des Segelns und Bootfahrens bei, wie sie vor allem ab den 1920er Jahren durch die Entwicklung klassischer Bootstypen wie den legendären Drachen oder Riva-Booten zu einem Boom des Segel- und Bootsportes geführt hat. Die Aktualität des Wassersportes mit Booten drückt sich auch bei großen internationalen Sportwettkämpfen aus. Zuletzt kann hier auf die großen Erfolge der deutschen Ruderer und Kanuten bei den Europäischen Leichtathletik-Meisterschaften 2022 in München hingewiesen werden, die dieser Sportart eine große Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit verschafft hat.

Die „Exempla 2023“ möchte anhand von lebenden Werkstätten das Berufsbild des Bootsbauers veranschaulichen und auf den großen Facettenreichtum dieses Spezialhandwerks hinweisen. Sie wird den Bau verschiedener Bootstypen aus deutschen Regionen veranschaulichen. Das Spektrum reicht dabei vom kleinen Ruderboot bis hin zu den klassischen Segelbooten und neuesten Elektrobooten.

Dabei wird auch die Ausbildung thematisiert. Die Landesberufsschule für Bootsbau, Berufsschule der Handwerkskammer Lübeck, die einzige für alle Bundesländer zugängliche schulische Ausbildungsstätte für Bootsbau in Deutschland, die Boot- und Schiffbauerinnung Bayern, vertreten durch ihren Innungsmeister Wolfgang Meiler, wie auch die in Douarnenez, Bretagne ausbildenden französischen Bootsbauer der „Les Ateliers de l’Enfer“ werden in der „Exempla 2023“ vertreten sein. Dort wurde die „Josephine“ gebaut, eine sog. Chalouppe, d.h. ein historischer Sardinenkutter mit großem Charme.
Der Innungsmeister Wolfgang Meiler aus Gauting arbeitet in der Ausstellung an einem von ihm restaurierten Segelschiff der Bootsklasse „Drachen“. In seiner Reismühlenwerft überwintert und wartet er zahlreiche Boote der bayerischen Seen.

Schon seit Jahrzehnten hat sich die auf der Fraueninsel im Chiemsee ansässige Bootswerft Heistracher erfolgreich auf den Bau von Motorbooten mit Elektroantrieb spezialisiert, fertigt aber auch ganz allgemein Arbeitsboote und die traditionellen Chiemseeplätten.

Seit drei Generationen werden in der Frauscher Bootswerft aus Ohlsdorf in Österreich Motor-, Elektroboote gebaut, die durch hervorragende Fahreigenschaften, Qualität und Design hervorstechen. Die Werft wurde zahlreich mit Preisen ausgezeichnet.

Aus Finnland kommen die Silverboats, robuste Arbeits- und Fischerboote, für Tagesausflüge auf dem See und für verschiedene Wassersportarten, vor allem für das Wasserskifahren ebenso gut wie für den Transport von Personen und Lasten. Sie sind aus Aluminium gefertigt, daher der Name.

Zum Segeln braucht es Segel und somit Segelmacher. Bei Elvstrøm Sails aus Aabenraa, Dänemark, werden seit über 65 Jahren maßgeschneiderte Segel angefertigt, die höchsten Ansprüchen und Erfordernissen genügen. Kein Wunder, denn die Segelmacherei wurde vom viermaligen Olympiasieger und 13-maligem Segel-Weltmeister Paul Elvstrøm gegründet, der auch als Unternehmer überaus erfolgreich war. Felix Ertel vom Bodensee, ein junger Segelmacher, der auch erfolgreich ausbildet, arbeitet mit Elvstrøm-Geweben bei der Herstellung seiner Segel.

Aus dem Bereich des Sportbootbaus sollen Kanus und Ruderer vorgestellt werden und die speziellen Anforderungen an diese Schiffstypen erklärt werden. Die Bootswerft Empacher ist auf Kunststoff-Rennruderboote spezialisiert. Der große Durchbruch gelang 1972 bei den Olympischen Spielen in München mit dem "Bullen- oder Bodensee-Vierer" mit Steuermann, heute rudern über die Hälfte aller Teilnehmer an Weltmeisterschaften mit Empacher-Rennruderbooten. Fürs Rudern im Freizeitsport hat AT Technology hat das Thema neu gedacht. Dabei kamen die neuesten Kenntnisse der Hydrodynamik zur Umsetzung. Die neuen Kohlefaser-Ruderboote bringen medizinisch extreme Vorteile und verhindern somit gesundheitliche Schäden.

Egal ob Segelschiff oder Motorboot, nautische Instrumente und Seile benötigen sie alle. Die professionellen Magnetkompasse mit Rosenkarten sind bei Cassens & Plath seit der Gründung der Firma 1902 in allen Gewässern im Einsatz. Die Firma mit Sitz in Bremerhaven stellt ihre Kompasse, Sextanten, Ferngläser, Uhren, Barometer, Thermometer, Hygrometer, Psychrometer, Kartenmaterial und Flaggen sowie optische und akustische Signale ausschließlich in Deutschland her.

Ein weiterer Beherrscher der Meere ist die Firma LIROS, eine Tochter der Rosenberger Tauwerk aus Lichtenberg. Keine Faser dieser Welt ist vor der Verarbeitung zu Seilen und Tauen in den Werkstätten von LIROS sicher. 170 Mitarbeiter lassen dort Seile für Yachten, Dingys, Zillen und Plätten, Motorboote und vieles mehr entstehen.

Nur einer braucht sie nicht, Artem Lemberg von Birchbarks. Seine lebende Werkstatt präsentiert diesmal den in der Exempla fast schon traditionellen ethnographische Beitrag. Der aus Sibirien stammenden Bootsbauer hat sich dem Bau von sibirischen und nordamerikanischen Kanus aus Birkenrinde verschrieben. Die Entwicklungsgeschichte reicht weit über 4000 Jahre zurück. Als Jagdboote waren sie Grundlage der Existenzsicherung unter arktischen Bedingungen. In ungewöhnlicher Weise spiegelt dieses Boot höchste Funktionalität und ist zudem zu 100% aus Naturfasern – ein Bioboot und handwerkliches Meisterstück.

Hans Panschar ist gelernter Bootsbauer, ehemaliger Skipper und Schreinermeister. Auch heute lebt er in Seenähe, in Berg bei Starnberg. Er hat sich mittlerweile einen Namen gemacht mit seinen maritimen und urbanen Skulpturen, in welchen seine beiden Hauptmotive, Häuser und Boote, die Hauptrolle spielen und den Betrachter in eine andere Welt zaubern, zu Booten und Schiffen, und mit auf ihre Reise nehmen.



Wolfgang Lösche
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Leitung der Sonderschau „Exempla“

Dr. Angela Böck
Handwerkskammer für München und Oberbayern
Organisation der Sonderschau „Exempla“




Dank

Die Sonderschau „Exempla“ wurde im Jahr 1970 erstmals auf der Internationalen Handwerksmesse gezeigt. Sie hat das Ziel, dem Messepublikum besondere handwerkliche Leistungen von hoher Qualität anschaulich zu machen und in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Die jährlich wechselnden Themen der „Exempla“ haben so über Jahrzehnte das Handwerk in besonders aktueller Weise dargestellt. Stets trugen dabei auch die internationalen Beiträge und die herausragenden Handwerksmeister zum legendären Ruf der „Exempla“ bei.

Die Organisation der „Exempla“ liegt seit dem Jahr 2004 bis heute in den bewährten Händen von Dr. Angela Böck, Handwerkskammer für München und Oberbayern, wofür ihr großer Dank geschuldet ist. Die architektonische Gestaltung der Sonderschau wird seit 2007 von der Münchner Innenarchitektin Lene Jünger geleitet und in ihrem besonderen Stil durchgeführt. Den Messebau garantiert präzise und passgenau das Team der Firma Kaufmann & Ladendorf unter der Leitung von Christian von den Driesch und Andreas Kaufmann.

Wir danken der Gesellschaft für Handwerksmessen mbH für die Durchführung der Sonderschau und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz für die langjährige Förderung. Die Handwerkskammer für München und Oberbayern sorgt seit 1970 für die personelle und organisatorische Durchführung der „Exempla“ wofür ihr sehr zu danken ist.